Instruktion der Indischen Regierung zu Batavia
für den Gesandten Peter Blokhovius bei seiner Reise nach Japan
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27. Juli 1649

Erstellt von Oliver Rost und Stefan Unterstein aus der angegebenen <Literatur>
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Copyleft ©|© 2002–2004 ff.  Oliver Rost, Dortmund; Stefan Unterstein, München.
Gesetzt aus/für Georgia & Verdana

[aus jie: I/570–572]

Diese Instruktionen, in der Absicht verfasst, Fehler im Umgang mit den Japanern vermeiden zu helfen, um nicht dem Handel zu schaden, geben sowohl einen schönen Einblick in japanische Gepflogenheiten als auch in die mangelnde Hygiene unter den Holländern. C. R. Boxer gibt uns den Hinweis, dass nur François Caron* mit seiner 20jährigen Japanerfahrung (er war seit 1647 Generaldirektor in Batavia) solch detaillierte Informationen und ein so lebendiges Porträt der japanischen Mentalität geben konnte (Boxer 1935, S. XCVII). Wie es dem Gesandten, dem Rechtsgelehrten und Rektor einer lateinischen Schule, Dr. Blokhovius, auf der Reise erging und wie die Japaner über seinen wahren Status getäuscht wurden, ist recht amüsant bei Merklein (1663, vgl. I, 636) nachzulesen. Der nach dem Tod des Blokhovius als Gesandter fungierende Andries Frisius war Sekretär des höchsten Gerichtshofs zu Batavia (Nachod 1897, S. 322). Es ging bei dieser Gesandtschaft darum, dem Shôgun für die Rettung und gute Aufnahme des holländischen Schiffes „Breskens“ zu danken, das 1643 im Nordosten Japans um Hilfe gebeten hatte (vgl. I, 527), wobei der Kapitän und zehn Seeleute verhaftet und nach Edo gebracht worden waren, auf Bitten der Faktoreileitung in Deshima jedoch freigelassen wurden (vgl. dazu Montanus, I, 720). Ein weiterer Grund für die Gesandtschaft war, das Missvergnügen der Japaner darüber auszuräumen, dass Portugal und Holland 1643 einen Waffenstillstand vereinbart hatten, so dass in japanischen Augen nun auch durch die Holländer Gefahr drohte, an Bord ihrer Schiffe wieder Geistliche nach Japan zu bringen. Die Gesandtschaft war, nicht zuletzt wegen der im Gegensatz zu den sonst üblichen Hofreisen üppig mitgeführten Geschenke, ein grosser Erfolg. In Begleitung der Delegation von 1649 war auch der deutsche Arzt Caspar Schambergen (der eventuell schon auf der „Breskens“ dabei war). Er blieb zehn Monate in Edo und unterrichtete japanische Ärzte in der Chirurgie. Später in Nagasaki war auch Nishi Gempo sein Schüler. Schambergens Chirurgie wurde in Japan als „Caspar ryû geka“ bekannt (vgl. u. a. Bowers, S. 30, sowie Rose, S. 60, der auf den schlesischen Arzt Bartholomäus Hoffman hinweist, der 1650 nach Nagasaki gelangte). Die Instruktionen wurden erstmals von Montanus veröffentlicht. Wir folgen der deutschen Übersetzung bei Nachod (1897, S. CLXXIII ff.).

Instruktion

Steuert direkt nach Japan und legt weder in Formosa, noch in irgend einem andren Land an, weil es bereits spät im Jahre ist, um nicht den gewöhnlichen Passatwind verlaufen zu lassen. Auf der Reise haltet bei dem sämmtlichen Schiffsvolk Nachsuchung nach päpstlichen Drucken, Bildern, Büchern und selbst den geringsten Kleinigkeiten, die zum römischen Gottesdienst dienen, umsomehr als die japanischen Reichsräte alle vermutet hatten, die Breskens habe portugiesische Priester aus Manila übergeführt. Wenn Ihr Euch dem japanischen Ufer nähert, werdet Ihr Bewacher an Bord kriegen, die Ihr gut empfangen müsst. Die Anordnungen der japanischen Befehlshaber, sowie was Euch die Dolmetscher und die Beamten der Ostindischen Kompagnie auf Disma [Deshima] raten, sollt Ihr ohne Eigensinn befolgen.

Wenn Ihr reisefertig seid [zur Reise] nach Jedo, so kleidet Euer Gefolge in blaue Serge, welches Gewand weiter auf dem Zuge getragen werden soll, ausser wenn Ihr vor einem angesehenen, japanischen Herrn erscheinen oder durch eine japanische Stadt ziehen müsst; dann sollt Ihr Euer Gefolge in das Filemort-Tuchgewand stecken. Wenn Ihr zum Gespräch mit dem Kaiser [Shogun] geht, und ferner um die Ratsherren zu begrüssen, oder andre adlige Personen, dann lasst das Gefolge zum Vorschein kommen in der dritten und kostbarsten Livree, aus weis und roth gemischt.

Seid umsichtig, damit Ihr nicht der Neugier oder Lust nachgebt, Merkwürdigkeiten zu besichtigen, es sei denn, dass Ihr durch Männer von Ansehn dazu veranlasst werden. Gleich bei der Ankunft zu Nagasaki macht den Guvernören dort die Ursache Eurer Gesandtschaft bekannt und bedient Euch dabei des guten Rats der Oberhäupter Dirk Snoek und Antonius Broekhorst nebst dem Dienst der japanischen Dolmetscher. Ihr müsst die Worte, welche das Augenmerk der Gesandtschaft enthalten, fest auswendig lernen, da dieselben insgeheim aufgezeichnet werden, wenn Ihr vor grossen Persönlichkeiten erscheint, und nach einiger Zeit wiederum abgefragt werden, um zu sehn, ob der letzte Bericht mit dem ersten übereinstimmt.

Entschuldigt Euch ferner bei den Japanischen Herren, dass Ihr ein Fremdling seid, unkundig in den Sitten von Japan. Ersucht um Gunst und hilfreiche Hand, da die Ostindische Kompagnie und der Oberbefehlshaber zu Batavia lediglich wollen, dass es ganz und gar von ihnen abhängen soll. Zeigt auch die Liste der dem Kaiser [Shogun] zugeschickten Geschenke mit dem Ersuchen um Mittel, sie dorthin [nach Yedo] zu bringen. Bietet den Guvernören von Nangesaque [Nagasaki] einen Teil der Geschenke an.

Sowol in Nangesaque als am Kaiserlichen Hofe werdet Ihr mannigfach befragt werden, in wessen Namen Ihr diese Gesandtschaft bekleidet? Welche Gewalt die Ostindische Kompagnie hat? Wie ihre Berufung erfolgt? Ob sie [die Direktoren] immer die Gewalt in der Hand behalten? Ob die Geschenke in Niederland oder ob sie in Batavia bestimmt worden sind? Ob allein die für den Kaiser [Shogun] oder auch die für alle die Ratsherren dorther stammen? Auf vorstehende Fragen sollt Ihr diesen kurzen Bericht geben: Die Ostindische Kompagnie besteht aus den angesehensten Herren von verschiedenen Städten der Vereinigten Niederlande; sie treiben grossen Handel in der ganzen Welt kraft grosser Vermögen, die sie in die Gesellschaft eingebracht haben; sie bleiben nicht immer an der Gewalt, sondern wechseln auch bisweilen. Fügt hier bei, wie Ihr durch die genannte Kompagnie hierher gesandt seid, um gegenwärtige Gesandtschaft zu bekleiden und die in Niederland bestimmten Geschenke dem Kaiser [Shogun] anzutragen, nebst verschiedenen Tuchen, die an die japanischen Herren zu verehren sind, je nach der Ansicht der Befehlshaber auf Disma, was jedem am angenehmsten ist. Beim Sprechen gebrauchet wenig Worte, wenn es nicht genügt zu schweigen; denn nirgends schützt Verschwiegenheit mehr als vor japanischen Herren. Beschenkt reichlich alle die Herren, denen die Ostindischen Kompagnie gewohnt ist, etwas zu verehren, sollte auch die ganze Fracht an europäischen Wollenwaaren draufgehn.

Wegen des zwischen den Vereinigten Niederlanden, Spanien und Portugal geschlossenen Friedens, den, wie wir nicht ohne Grund besorgt sind, der japanische Kaiser [Shogun] übel aufnehmen dürfte, da die Spanier und Portugiesen seine Todfeinde bleiben, könnt Ihr berichten, wie (laut der vor einiger Zeit in Japan verbreiteten Nachricht) die ganze Christenheit, abgestumpft durch langjährigen Krieg, allgemein zum Frieden neigte, sodass Frankreich und Schweden mit dem Deutschen Kaiser ein Bündniss gemacht hatten, in welches Dänemark, Polen und Italien eintraten. Frankreich und Portugal allein bleiben in Waffen gegen Spanien, jedoch derart, dass deshalb Bevollmächtigte eingesetzt waren zur Vermittelung der gegenseitigen Streitigkeiten, welche zweifellos in Kürze beigelegt sein dürften, da durch traurige Erfahrung auf beiden Seiten Verwüstung über Verwüstung empfunden würde, während der Türke, der allgemeine Feind der Christen, nicht ohne allgemeinen Schrecken der Christenheit, sich verschiedener Festungen, Städte und Landschaften bemeisterte. Der Friede, den die Christen unter sich beschliessen, geht lediglich darauf aus, die geteilten Kräfte zu vereinigen und sie vereinigt gegen das türkische Reich zu führen.

Ihr sollt so viel als möglich alle Beweggründe abkürzen und Euch entschuldigen, dass Ihr über Staats-Angelegenheiten keinen gründlichen Bericht geben könnt, da Ihr ein Kaufmann seid. Die Japaner sind klug genug, um einzusehn, dass Ihr nicht herüberkommt, um über die Regierung der Niederlande Rechenschaft zu geben, worin manche eine verkehrte Verherrlichung gesucht, in Wirklichkeit aber das Werk der Ostindischen Kompagnie entstellt haben; denn bei den Japanern ist eine Republik verachtet, da sie nur für allein herrschende Fürsten ein hohes Gefühl hegen.

Werdet Ihr bei erlauchten Persönlichkeiten zum Essen genötigt, so seid sparsam in starkem Getränk, sowie mit Worten. Sprecht wenig, wenn es nicht genügt stillzuschweigen. Nur die Danksagungen über guten Empfang müssen wol siebenmal wiederholt werden. Haltet niemals Gastmähler, da der Umgang mit Japanern gefährlich ist. Sollte indessen jemand von Ansehn, auf niederländische Speise begierig, ersuchen, Euer Tischgenosse zu sein, so sollt Ihr es nicht abschlagen; bereitet schnell, was zur Mahlzeit erforderlich ist, ohne Kosten zu sparen; setzt Euch an das niedere Ende der Tafel und dankt dem Gast für die Ehre, die Euch durch dessen Gegenwart zu teil wird.

Doch bei Bürgern und Kaufleuten bewahrt leutselig das Ansehn eines Gesandten. Folgt dem Rat der Dolmetscher, welche Euch beständig begleiten und unterrichten, wie Ihr mit adligen Persönlichkeiten umgehen müsst; umsomehr als die Dolmetscher schlaue Leute sind, auf die Ihr vertrauen könnt, da am Wohlstand der Ostindischen Kompagnie ihr eigener Vorteil hängt. Inzwischen jedoch, wenn Ihr aus Jedo nach Nangesaque zurückgekehrt seid und die Geschenke von allen angenommen sind, richtet alsdann für die vornehmsten japanischen Behörden eine köstliche Mahlzeit zu. Ihr sollt Euch bei der Rückkehr in Jedo, Miaco [Miyako] oder Osacca [Ôsaka] versehn mit Wein, Lachs, eingesalzenem Kabeljau, in Reis eingelegtem Karpfen und mit einem Kranich, und sollte er 70 Tael [à 57 Stuiver] kosten. Alle diese Speisen müssen stark gesalzen und auf japanische Weise zubereitet werden, worauf die Dolmetscher genau Acht geben.

Sobald Ihr in Nangesaque ans Land steigt, sollt Ihr für Euch und für jeden vom Gefolge drei Paar Pantoffeln und sechs Paar dünne Schuhe aus gegerbtem Hirschleder machen lassen, zum Gebrauch bei der Hin- und Herreise, wie bei Hofe; denn die Japaner legen auf ihren Fussboden kostbare, geflochtene Matten, die sie nie mit Schuhen betreten. Stiefel und Sporen sind bei japanischen Pferden nicht angebracht.

Ihr selbst sollt keine Waffe tragen, aber Euer Gefolge. Jeder muss einen Degen mit silbernem Handgriff umgürten, welche umsichtig gegen Feuchtigkeit und Regen zu bewahren sind, damit sie nicht unansehnlich sind, wenn das Gefolge in dem kaiserlichen Vorsaal wartet, während Ihr zum mündlichen Verkehr mit dem Kaiser [Shogun] zugelassen werdet. Verseht Euch in Osacca mit Sonnenschirmen aus Hanfgarn und Gaze; für jedes Paar des Gefolge genügt ein Sonnenschirm; doch muss jeder einen geölten Papier-Regenmantel haben, die bei trockenem Wetter in hölzernen Kästchen aufbewahrt werden. Gleichfalls in Osacca sollt Ihr soviel lackirte, lederne Behälter kaufen, als für das Gepäck nötig sind. Die Decken, Kissen und Teppiche werden bei Tage auf Lastpferde gepackt und des Nachts in den Herbergen ausgebreitet, um drauf zu schlafen.

Aus den jährlich über die Hofreisen gehaltenen Rechnungen könnt Ihr ermessen, wie Ihr Euch mit dem Bezahlen für die in der Herberge verzehrten Kosten zu verhalten habt, nämlich 20 Gulden hinreichen, wo 10 verlangt werden, und 100 wo 50.

Ferner soll Petrus Blokhovius unter den japanischen [soll wol heissen holländischen?] Befehlshabern auf Disma den Vorrang haben, und weiter sollen ihren Sitzplatz haben die Kaufleute Dirk Snoek, Antonius Broekhorst, Andries Frisius und die andren nach alter Gewohnheit. Doch bleibt Blokhovius gänzlich befreit von der Last des Handels, mit dem er sich nicht befassen soll, selbst wenn dies von den Japanern erbeten werden sollte, da er sich damit entschuldigen kann, dass er lediglich, um eine Gesandtschaft an den japanischen Kaiser [Shogun] zu bekleiden, erscheint. Die gewöhnlichen Geschenke müssen doppelt verteilt werden, da letztes Jahr durch besondren Vorfall keine Verteilung erfolgt ist.

Ehe Ihr aus Nangesaque nach Jedo abreist, sollt Ihr die Oberhäupter um Empfehlungsbriefe an Sicungodonne [Inoue Masashige, Chikugo-no-kami] ersuchen; wenn Ihr sie ihm behändigt, so verhaltet Euch wie bei den Obrigkeiten von Nangesaque; namentlich bittet demütig, dass er beliebe anzuordnen, wie, auf welche Weise und an wen die Geschenke behändigt werden sollen. Macht ihm bekannt, wie der Name Sicungodonnes weit über die Niederlande verbreitet ist wegen der seit einigen Jahren der Ostindischen Kompagnie erwiesenen Gefälligkeiten. Beim Ueberliefern der Geschenke soll niemand vor dem Kaiser [Shogun] erscheinen ausser Blokhovius und Frisius; das übrige Gefolge verbleibt in dem Vorsaal, wie Ihr dies von den Dolmetschern vernehmen könnt.

Mehrfach ist durch kaiserlichen Befehl ein Bombenschiesser verlangt worden, was dringender Hindernisse wegen unterblieb; Ihr sollt nun bekannt machen, dass Ihr jetzt einen in dieser Kunst erfahrenen Mann zum Dienst des Kaisers [Shogun] hergebracht habt. Ausser den vorerwähnten Geschenken für den Kaiser [Shogun] habt Ihr in Hülle und Fülle feine, lichtgefärbte, schwarze und scharlachrote Tuche nebst Rassen, Kronrassen und Damasten, um reichlich davon auszuteilen. Ihr sollt Euch entschuldigen, dass Ihr nicht herrlichere Gaben anbietet, weil die Ostindische Kompagnie unkundig wäre, was dem Kaiser [Shogun] und den japanischen Reichsräten am angenehmsten sein möchte.

Ehe Ihr vor dem Kaiser [Shogun] erscheint, werdet Ihr gewöhnlich abgefragt, welches Gesuch Ihr vorzubringen habt. Gebt darauf als Antwort: Nichts andres, als dem Kaiser [Shogun] zu danken für die gnädige Freilassung der zehn holländischen Gefangenen und desselben Gunst zu geniessen in den Angelegenheiten, welche die Ostindische Kompagnie in Japan betreffen. Andries Frisius ist Euch zugestellt als Geheimschreiber, um ein genaues Tagebuch zu halten, über alles, was auf dem Zuge Aufzeichnung verdient, Joan Hakkius soll das Amt des Hofmeisters bekleiden und auf das Silberzeug Achtung geben.

Tragt besonders Sorge, dass niemand sich vergehe in starkem Getränk oder Hurerei. Bestraft die Missethäter strenge. Lasst das Gefolge kurze Nägel, gekämmtes Haar und reine Kleider tragen und sich mehrmals waschen, wozu sich in allen japanischen Herbergen Gelegenheit findet. Die verlangten Magneten, Arzneikräuter, Brillen, Fernrohre, spanischer Wein, Süssmilchskäse, holländische Butter, Brasil-Holz, italienisches Steingut, Flintenläufe und Vergrösserungsgläser behändigt an jeden, der das eine oder andre davon verlangt hat. Die Blutkorallen-Ketten sollt Ihr hier und dort den adligen Kindern, Dienern und Wirten, je nach der Gelegenheit, zum Gedächtniss schenken.

Den Herrn von Firando anlangend, der mit einer Schuld von 25.000 Gulden an die Ostindische Kompagnie im Rückstande ist, müsst Ihr ernstlich mit den Dolmetschern beratschlagen, ob es keine Eifersucht bei den Behörden von Nangesaque hervorrufen würde, indem dem genannten Herrn die Schulden geschenkt würden, weil er, durch Brand verarmt, nicht bezahlen kann. Es würde wenigstens ein Beweis von Mildthätigkeit sein, und den Herrn von Firando [uns] verpflichten. Wenn indessen die Dolmetscher davon abraten, so muss Blokhovius ihrem Rat folgen; lasst jedoch inzwischen veranlassen, dass in Zukunft der genannte Herr wegen der Schuld nicht mehr gemahnt wird, wie sonst jährlich es geschehn würde.

Die Prachtkleider, das Silberzeug und alles, was sich auf das Zeigen von Pracht auf der Strasse, bei Tafel und in Schlafplätzen bezieht, sollt Ihr nicht benutzen, bevor Ihr Japanern begegnet. Ferner ersucht dringend, dass die Yacht de Robijn [der Rubin] so lange vor Nangesaque vor Anker liegen darf, bis Ihr Eure Gesandtschaft an den Kaiser [Shogun] erledigt habt, damit Ihr unverzüglich mit der Robijn, ohne irgend welches Land oder Formosa anzulaufen nach Batavia zurückkehren könnt, und weiter nach Holland mit der Flotte, die im Dezember aus Batavia dorthin absticht, damit die Ostindische Kompagnie mündlichen Bericht erhalten mag von den Verrichtungen vor dem japanischen Kaiser [Shogun].

Desgleichen seid bedacht, nie mit unbedecktem Haupte vor irgendwelcher erlauchten Persönlichkeit zu erscheinen. Bei gewöhnlichen Leuten braucht Ihr solche Ehrerbietigkeit nicht so genau einzuhalten.

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Anm. zu François Caron

[aus jue: 391, dort Text zu Abb. 365]

François Caron (ca. 1600–1673), ein französischer Hugenotte, kam mit 19 Jahren in holländischen Diensten nach Japan, wo er insgesamt (mit Unterbrechungen) 22 Jahre blieb. Er scheint gut japanisch gesprochen zu haben, denn 1627 wurde er als Dolmetscher auf die Hofreise nach Edo mitgenommen. 1633 wurde Caron Stellvertreter des holländischen Faktoreileiters in Hirado, und 1639 wurde er selbst Opperhoofd, mußte aber auf Grund der Abschließungspolitik 1641 das Land verlassen. Mit seiner japanischen Frau und sechs Kindern ging er nach Batavia, wo er Generaldirektor der Ostindischen Kompanie wurde. Caron hatte bereits 1635 vom Generaldirektor Lucasz in Batavia den Auftrag erhalten, zu Fragen, die Japan betrafen, Stellung zu nehmen. 1645 erschien sein Japanbericht unautorisiert im Druck (Beschryvinghe van het machtigh Coninckrijck Japan); eine von Caron revidierte Ausgabe erschien zuerst 1661 als Rechte Beschryvinge [Van het Machtigh Koninghrijck van Iappan, Bestaende in verscheyde Vragen, betreffende des selfs Regiering, Coophandel, maniere van Leven, strenge Justitie &c, voorgestelt door den Heer Philip Lucas, Directeur General wegens den Nederlandsen Staet in India, ende door de Heer FRANÇOYS CARON, President over de Comp, ommeslach in Iappan, beantwoort in den Iare 1636. … In s’Gravenhage, by Iohannes Tongerloo, Boeckverkooper, 1662.]. Das Werk hatte großen Einfluß. Deutsche Ausgaben erschienen 1663 und 1672.

Europäische Karten und Berichte 1639–1853

[aus jue: 391f., dort Katalog/Vorw. zu Kap. 11]

1639 brach das Shôgunat endgültig alle Beziehungen zu Portugal ab und verbannte die japanischen Angehörigen von Ausländern; alle Europäer mit Ausnahme der im Dienste der holländischen Handelskompanie VOC stehenden, mußten das Land verlassen. Ein Versuch Portugals (1640), die Aufhebung dieses Beschlusses zu erwirken, scheiterte. Erfolglos waren auch die Bemühungen des von Spanien unabhängig gewordenen portugiesischen Königs, 1647 die Handelsbeziehungen zu Japan zu erneuern. Da die englische East India Company ihre Handelsstation auf Hirado nach zehnjähriger Dauer (1613 bis 1623) wegen mangelnder Rentabilität aufgegeben hatte, fiel Holland das Privileg zu, als einzige westliche Nation eine Handelsstation in Japan unterhalten zu dürfen.

Seit 1609 war es holländischen Schiffen erlaubt Japan anzulaufen, doch erst seit der Festigung der VOC-Handelsstation auf Formosa (Taiwan) 1624, die als Nachschublager für den Japanhandel von großer Bedeutung war, nahm die Faktorei in Hirado ihren Aufschwung. Zwar brachte der Export von Waren aus Japan wenig Profite ein, um so mehr aber der Zwischenhandel mit chinesischer Seide, der mit japanischem Gold, Silber und Kupfer bezahlt wurde. 1641 mußte die VOC ihre Faktorei auf die Insel Dejima verlegen. Ihr Handelsmonopol, das sie nur mit den Chinesen teilen mußte, konnte die VOC die nächsten 200 Jahre behaupten. Sie verhinderte nicht nur die Anstrengungen Großbritanniens, ihr Handelsprivileg zu erneuern, sondern auch die der 1665 gegründeten französischen Ostindien Kompanie, mit Japan Handel zu treiben.

An der Ausweisung der Portugiesen war die VOC nicht unbeteiligt gewesen. Die Leiter der Faktorei hatten nie versäumt, den Shôgun auf die vermeintliche Gefahr, die von der Mission der katholischen Orden ausging, aufmerksam zu machen. François Caron, der wesentlichen Anteil an der politischen Einflußnahme gegen die Missionare hatte, stand 1639 als erster Opperhoofd (Oberhaupt) nach der Ausweisung der Portugiesen der Faktorei in Hirado vor. Im Gegensatz zu fast allen anderen VOC-Angestellten, die in Japan ihren Dienst absolvierten, war Caron der japanischen Sprache mächtig; zudem war er mit einer Japanerin verheiratet und kannte die Sitten und Gebräuche des Landes gut. Sein im Auftrage des Generalgouverneurs von Batavia verfaßter Bericht ist die wichtigste Quelle für die Zeit nach der Abschließung des Landes. Erst die Schriften Engelbert Kaempfers sollten sie an Bedeutung übertreffen.

Caron hatte einige Male an den vorgeschriebenen jährlichen Gesandtschaftsreisen des Opperhoofds an den Hof des Shôguns als Übersetzer teilgenommen. 1639 führte er die Gesandtschaft an. Begleitet wurde er von dem deutschen Kanonier Hans Wolfgang Braun, der mit seinen Schießvorführungen den Shôgun sehr beeindruckte. Obwohl die VOC-Statuten verboten, Ausländer anzustellen, wurde diese Verordnung, wegen der hohen Sterbezahlen der Besatzungen in den Tropen in der Praxis nicht befolgt. Selbst katholische Seeleute verschiedener Nationalitäten fanden sich an Bord von VOC-Schiffen. Caron stammte aus einer französischen Hugenottenfamilie und arbeitete sich vom Küchenjungen bis zum Generalgouverneur der VOC in Batavia hoch. 1665 trat er in den Dienst der französischen Ostindien Kompanie und bekämpfte sodann die Vorherrschaft der VOC. Unter den ausländischen Besatzungsmitgliedern der holländischen Schiffe überwogen Deutsche – Rekrutierungsbüros der VOC gab es in Hamburg und Bremen – und Skandinavier. Der Reisebericht des Caspar Schmalkalden aus Friedrichsroda zählt zu den wenigen Berichten, die sich von im Dienst der VOC stehenden Seeleuten und Soldaten erhalten haben.

Das Japanbild im Europa des 17. Jh. formten die Briefe der Jesuiten und Reiseberichte. Allein in deutscher Übersetzung lagen über 70 Reiseberichte vor. Besonders beliebt waren Reisekompilationen, insbesondere die von Arnold Montanus, dessen Illustrationen häufig kopiert wurden, und von Johann Albrecht von Mandelslo sowie von Erasmus Francisi. Die erste Monographie über Japan verfaßte Bernard Varen (Varenius), der die wichtigsten Berichte, angefangen von Marco Polos, auswertete.

Die meisten Reiseberichte aus der Zeit nach der Abschließung zeichnen ein positives Bild Japans. Mit großem Unmut wurde in Europa aufgenommen, daß sich die Holländer, alleine wegen des Profits, den Restriktionen der Japaner unterwarfen, das Ritual des Tretens von Heiligenbildern vollzogen und, wie es Kaempfer bezeichnete, »Affenpossen« am Hofe des Shôgun aufführten. Die vielleicht größte Verwunderung über die Sitten der Japaner rief in Europa der Brauch des rituellen Selbstmordes Harakiri (seppuku) hervor. Über die Kunst Japans ist nur wenig in den Berichten zu finden, denn es fehlten noch die Voraussetzungen, asiatischen Kunstwerken insgesamt eine »gerechte ästhetische Bewertung und kunsthistorische Einordnung« zukommen zu lassen (vgl. den Essay von Detlef Haberland [jue: 83–83]).

Engelbert Kaempfer begrüßte die Abschließungspolitik Japans, das sie seiner Meinung nach die Unterwerfung des Landes unter südeuropäische Nationen vereitelte und Japans eingene Kultur »gleichsam [zu] einer Schule der Höflichkeit« reifen lasse. Zwischen seinen Arbeiten und den Schriften Philipp Franz von Siebolds, stehen das Reisewerk und die botanischen Arbeiten des Schweden Carl Peter Thunberg. Wie Siebold und Kaempfer stand auch er als Arzt im Dienste der VOC. Sein im traditionellen Stil der Reisebeschreibung abgefaßter Bericht übernimmt das positive Japanbild Kaempfers.

1798 wurde nach dem Vorbild der englischen, holländischen und französischen Ostindischen Gesellschaft eine russische Kompanie gegründe, die die russischen Besitzungen in Alaska wirtschaftlich nutzen und Handelsbeziehungen mit Japan und China aufnehmen sollte. Die von Adam Johann von Krusenstern geleitete russische Weltumseglung sollte in diesem Zusammenhang die Möglichkeit von Handelsbeziehungen zu Indien und Südostasien erkunden, um Rußlands Fernen Osten von der See her zu versorgen.

Literatur

Peter Kapitza:  [jie]
Japan in Europa.
Texte und Bilddokumente zur europäischen Japankenntnis von Marco Polo bis Wilhelm von Humboldt. München 1990 (3 Bde.).
Bd. 1, S. 570–572.
Doris Croissant, Lothar Ledderose (Hg.):  [jue]
Japan und Europa 1543–1929.
[eine Ausstellung der »43. Berliner Festwochen« im Martin-Gropius-Bau Berlin (12. September bis 12. Dezember 1993)] Berlin : Argon, 1993.
S. 391f.
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